Köln: 20.–24.02.2024 #didacta

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Mi(n)teinander die Energiewende stemmen

Noch nie waren so viele Ausbildungsstellen frei und dennoch so viele junge Menschen ohne Ausbildungsplatz. Ausgerechnet die Berufe, die für eine Energiewende nötig sind, finden keinen Nachwuchs. Liegt das auch an der mangelhaften Vorbereitung in der Schule?

Mehr als 16.900 unbesetzte Stellen in der Bauelektrik, 14.000 fehlende Fachkräfte im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik: In einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zu den größten Fachkräftelücken landeten die beiden Berufe auf Platz vier und sechs. Beide stehen dabei exemplarisch für die prekäre Situation im gesamten sogenannten MINT-Bereich: Etwa 496.500 Stellen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik waren im April unbesetzt. Gleichzeitig bleibt laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung jeder siebte Jugendliche noch vier Jahre nach dem Schulabschluss ohne Ausbildungsplatz. Ein hier genannter Grund: Schwierigkeiten bei der Auswahl der passenden Ausbildung oder des passenden Studiums. Das Fazit der Studie: Es braucht eine stärkere Berufsorientierung an den Schulen.

Mangelhafte Grundfähigkeiten
Das ist allerdings nur ein Teil der Problematik: Laut Susanne Haus, Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt Rhein-Main mit mehr als 7.300 Betrieben, hängen die Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsstellen auch mit unzureichenden Kompetenzen zusammen. Ausbildungsanwärter:innen würden „lebensuntüchtig“ aus den Schulen entlassen. Im Handwerk scheiterten sie beispielsweise an „praktischen Grundfähigkeiten, die früher noch geläufig waren.“ Dazu zählt für Susanne Haus auch der grundlegende Umgang mit einem Akkuschrauber. Braucht es also mehr praktische Berührungspunkte an den Schulen – beispielsweise mit dem Handwerk, das händeringend nach Nachwuchs sucht? Das fordert jedenfalls die Landesvertretung der Handwerkskammern in Niedersachsen (LHN) – in Form von Werkunterricht. Daneben seien umfassende Informationsmöglichkeiten schon in der Schule wichtig. Denn das Handwerk kämpft mit Imageproblemen, die auch die Rekrutierung junger Menschen erschweren – dabei sind viele Vorstellungen von Berufsbildern längst überholt.

MINT-Ausbildungsberufe: abwechslungsreich bis anspruchsvoll
Viele Berufsbilder im Handwerk sind vielfältiger, technischer und damit auch komplexer geworden, nicht zuletzt durch den Klimawandel: Fachkräfte für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik haben früher vor allem Öl- und Gasheizungen verbaut. Heute muss sich eine SHK-Anlagenmechanikerin unter anderem mit der Gebäude-Energieversorgung, Heizungstechnik mit Erneuerbaren Energien sowie Technologien für Lüftung, Klima und Kälte auskennen. All das lernt sie in einer dreieinhalbjährigen Ausbildung. Bauelektriker wiederum – die offizielle Bezeichnung lautet „Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik“ – sind grob gesagt für die elektrische Infrastruktur in Gebäuden zuständig. Sie legen Stromleitungen, installieren Anschlüsse, führen Prüfungen und Wartungen durch. Sie sind zudem Ansprechpartner, wenn es darum geht, Photovoltaikanlagen zu planen oder Strom aus Windenergie ins Netz einzuspeisen.

Früh positive MINT-Erfahrungen schaffen
Ob SHK-Fachkraft oder Bauelektriker:in: Beide Berufe sind maßgeblich an der Energiewende beteiligt und nehmen damit eine wichtige gesellschaftliche Rolle ein. Doch junge Menschen mit Kompetenzen in Mathe, Physik, Chemie oder Biologie werden allerorts händeringend gesucht – auch an Bildungseinrichtungen. Hier herrscht ebenfalls ein eklatanter Fachkräftemangel: Bildungsforscher Klaus Klemm prognostiziert, dass bis zum Schuljahr 2030/2031 allein in Nordrhein-Westfalen jedes Jahr rund 2.160 Fachlehrkräfte in den Fächern Mathematik, Biologie, Physik, Chemie, Informatik und Technik fehlen werden. Nicht viel besser sieht es an den Berufsschulen aus. Hier fielen bereits 2022 Tausende Unterrichtsstunden aus. Der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung schätzt, dass deutschlandweit zwischen 10.000 und 15.000 Lehrkräfte fehlen – vor allem im MINT-Bereich.

Gleichzeitig fällt es oft bereits in der Schule schwer, Kinder und Jugendliche in der Breite für MINT zu begeistern. Deshalb hat sich ein Lehrer aus Braunschweig etwas Besonderes mit seinen Schülerinnen und Schülern überlegt. Gemeinsam haben sie ein 3D-Computerlernspiel entwickelt, das wie ein Escape-Spiel aufgebaut ist. Wer weiterkommen will, muss MINT-Fragen richtig beantworten. Mit dem Konzept schaffte es die Schule beim Deutschen Lehrkräftepreis 2022 auf den ersten Platz in der Kategorie „Unterricht innovativ“. Und auch bildungspolitisch gibt es Ansätze: In Rheinland-Pfalz setzen mehrere Ministerien gemeinsam zum Beispiel auf Workshops über Robotik in der Arbeitswelt, die Umsetzung eigener Forschungsprojekte in Schulen und auf Virtual Reality in der Berufsorientierung, um jungen Menschen MINT-Themen näher zu bringen. Baden-Württemberg geht die Rekrutierung von MINT-Nachwuchs derweil mithilfe von Online-Mentoring an. Seit dem Schuljahr 2020/2021 haben Schülerinnen im Alter von 11 bis 18 Jahren die Möglichkeit, am Programm „CyberMentor“ teilzunehmen. Über den Eins-zu-eins-Kontakt zu einer erfahrenen Mentorin aus dem MINT-Bereich erhalten sie persönliche Einblicke in deren Arbeitswelt.

Mehr weibliche Vorbilder, mehr Perspektiven aufzeigen
Auch Prof. Olaf Köller, Studienleiter des MINT Nachwuchsbarometers 2023 weist auf die Relevanz positiver weiblicher Rollenvorbilder hin. Denn vor allem Mädchen tun sich mit MINT offenbar schwer. Schon in der 4. Klasse haben sie gegenüber Jungen in den betreffenden Fächern einen Leistungsrückstand von rund 15 Lernwochen, wie das Nachwuchsbarometer zeigt. Aus Sicht Köllers müssten „Lehrkräfte und Erziehende in der frühen Bildung und Grundschule stärker auf die Interessen der Mädchen eingehen und ihnen die gesellschaftliche Relevanz der MINT-Fächer aufzeigen“. Denn MINT-Fachkräfte können – egal, ob als Lehrkraft an einer Berufsschule oder als Fachkraft in der Bauelektrik – viel für das Klima tun. Ein Thema, das vielen jungen Menschen am Herzen liegt: Fast jedes zweite Kind im Alter von sechs bis neun Jahren sorgt sich laut Kinder Medien Monitor 2023 bereits wegen des Klimawandels – und bemüht sich im Alltag, auf unnötigen Energieverbrauch etc. zu achten. Könnte da nicht der Wunsch naheliegen, später auch im Beruf an einer nachhaltigen Energiewende mitzuwirken?

Vom 20. bis 24. Februar 2024 führt die didacta als weltweit größte und Deutschlands wichtigste Bildungsmesse wieder Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Köln zusammen. Diesmal findet die didacta unter dem Leitthema „Bildung mit Zukunft – Jetzt gestalten!“ statt.

Aktuelle Hinweise zu Veranstaltungen auf der didacta 2024 finden Sie hier.

Nähere Informationen zu den Veranstaltungen der didacta 2024 finden Sie unter www.didacta-koeln.de, auf Facebook, Instagram und LinkedIn.

Information für Redaktionen: Interviews, Videos, Texte und Zitate aus diesem Themendienst können gerne zur redaktionellen Berichterstattung verwendet werden. Beim Bildmaterial beachten Sie bitte die Nutzungshinweise am jeweiligen Bild. Über ein Belegexemplar an info@bildungsklick.de freuen wir uns.

Quellenangabe: Dieser Beitrag erschien zuerst im didacta Themendienst.

Der Themendienst im Überblick: Weitere Artikel und Interviews zur didacta – die Bildungsmesse 2024 finden Sie im Dossier auf www.bildungsklick.de.

Pressekontakt

  • Melanie Wolf

    Melanie Wolf Public and Media Relations Manager

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